• Wiebke Salzmann

  • Text-Wirkerei

  • Wirken an Texten – Wirken von Texten

Die Krimikarte „Der Hund von Ildenow“

Wo vorher die Grabplatte gewesen war, gähnte ein Loch, das in die dicke Mauer zu führen schien.

Titel der Krimikarte

Seit langem schon hält niemand mehr die Sage um den Schatz und den Klosterhund für wahr – doch dann beschließen vier Studenten aus einer Partylaune heraus, den Schatz zu suchen und stoßen auf die Bestie. Drei können sich aus der einstürzenden Klosterruine retten – aber was geschah mit Philipp?

Krimikarte „Der Hund von Ildenow“ zu einer Sage zum Kloster Eldena in Greifswald

Klappkarte (6-seitig) im DL-Format mit Heft (32 Seiten) im DIN-A6-Format
6 € inkl. MwSt zzgl. Versandgebühr

Erhältlich im Shop

Die Krimis spielen an fiktiven Orten an der Ostseeküste von Mecklenburg-Vorpommern. Die Sagen gehören zu realen Stätten – so soll der von einem Hund bewachte Schatz unter dem Kloster Eldena in Greifswald liegen.

Der Schatz unter den Ruinen des Klosters Eldena

Der Schatz unter den Ruinen des Klosters Eldena

Foto Klosterruine Eldena
Blick auf das Kirchenschiff der Klosterkirche

Während der Reformation brachten die Mönche der Sage nach die Reichtümer des Klosters in den Gängen unter dem Kloster in Sicherheit. Dort wird der Schatz von einem teufelsähnlichen Mann und einem hässlichen Hund bewacht. Mehrere unterirdische Gänge führen der Sage nach zum Klosterschatz, einer dieser Gänge soll am Greifswalder Rathaus enden. Empfehlenswert ist eine Schatzsuche jedoch nicht, da die Schatzräuber in einen Hund verwandelt werden und anschließend selbst in dieser Gestalt den Schatz bewachen müssen – so lange, bis der nächste Goldgierige kommt, und das kann dauern ...

Foto Klosterruine eldena
Blick auf den Ostflügel des Klosters, an den links die Kirche anschließt.

Die Sage ist nacherzählt nach:

Hartmut Schmied: Geister, Götter, Teufelssteine, Sagen- & Legendenführer Mecklenburg-Vorpommern Hinstorff, Rostock, 2005

Die Klosterruine Eldena in Greifswald

Die Klosterruine Eldena in Greifswald

Foto Klosterruine Eldena
Noch einmal das Kirchenschiff

Das Kloster Eldena wurde 1199 von dänischen Zisterziensermönchen gegründet (damals hieß es noch Hilda, benannt nach dem Fluss Ryck, der damals ebenfalls Hilda hieß) und liegt im heutigen gleichnamigen Greifswalder Stadtteil. Der Grund für die Ansiedlung gerade an diesem Platz lag in einem Salzvorkommen in der Nähe. Der Bau zog sich über 400 Jahre hin und war erst zu Beginn des 15. Jh abgeschlossen. Vom Kloster Eldena ging im 13. Jahrhundert auch die Gründung der Stadt Greifswald aus.
Im Zuge der Reformation ging das Kloster 1535 in den Besitz des Herzogs über. Während des 30-jährigen Krieges wurde es stark beschädigt und danach als Steinbruch genutzt, u. a. für Gebäude der Universität Greifswald – diese hatte das Kloster und die zugehörigen Ländereien 1634 vom Pommernherzog als Schenkung erhalten. Von Kirchen­schiff und Ostflügel sind daher heute nur noch Ruinen erhalten – allerdings sehr eindrucksvolle Ruinen.
Berühmt wurde das Kloster auch durch die Bilder Caspar David Friedrichs, der die Ruinen mehrfach malte.

Foto Klosterruine Eldena
Innerhalb der Mauern des Ostflügels

Die Gebäude des Klosters bildeten ein Viereck, das einen Innenhof umschloss. An der Südseite stand die Kirche, von der noch Teile erhalten sind. An diese schlossen sich im rechten Winkel West- und Ostflügel an. Lediglich vom Ostflügel stehen noch Mauern, West- und Nordflügel sind verschwunden. Im Ostflügel befanden sich Sakristei, Kapitelsaal, eine Kapelle und der Brudersaal.

Das Kloster und der Park werden heute für Veranstaltungen genutzt, wie Konzerte oder Kunsthandwerkermärkte.

Und hier noch ein paar Erläuterungen: Eine Sakristei ist ein Nebenraum einer Kirche, in dem die im Gottesdienst benötigten Gegenstände aufbewahrt werden. Im Kapitelsaal versammelte sich die Klostergemeinschaft der Mönche. Der Brudersaal wurde für Arbeiten genutzt, bspw. Schreibarbeiten.

Leseprobe aus dem Krimi „Der Hund von Ildenow“

Leseprobe aus dem Krimi „Der Hund von Ildenow“

Das Cover zum Krimi 'Der Hund von Ildenow'
Das Cover des Krimis „Der Hund von Ildenow“

Sämtliche auftretenden Personen sind fiktiv. Die Hauptpersonen sind zwei Freundinnen Anfang 30: Die große, hagere Hauptkommissarin Katharina Lütten und die kleine, zierliche Freifrau Johanna (plus 6 weitere Vornamen) von Musing-­Dotenow zu Moordevitz, genannt Jo, ehrenamtlich die Wehrführerin der örtlichen freiwilligen Feuerwehr. Beide bilden auf Schloss Moordevitz eine WG, betreut und bekocht vom „Hausdrachen“ Hertha.
Weitere Nebenfiguren sind einige Feuerwehrleute wie der lange Meier und der etwas dusselige kurze Meier, Katharinas Kollegen wie der hypochondrisch veranlagte Kommissar Pannicke, die muntere Levke und der schweigsame Finn.

„Genau um Mitternacht gab es einen Kurzschluss.“ Jan versank in Schweigen und umklammerte seinen Kaffeebecher, als wollte er ihn zerdrücken. Gut, dass es im Kommissariat von Moordevitz den Kaffee noch in Keramikbechern gab und nicht in diesen Pappdingern. (Der Kollege Pannicke hatte darauf bestanden, er befürchtete Spuren von, was auch immer in der Pappe war, in seinem ayurvedischen Tee.)

Katharina Lütten, ihres Zeichens Hauptkommissarin, seufzte. Offenbar stand der junge Mann noch reichlich unter Schock. „Eine Kurzschlusshandlung war das auf jeden Fall, was sie da heute Nacht abgezogen haben. Aber wieso Kurzschluss?“

Jan sah auf, schien langsam wieder in der Wirklichkeit anzukommen. „Na ja, so ein Kurzschluss eben. Strom weg und so. Weil ich das Ding angeschaltet habe, das Dings – ach, ist doch egal. Jedenfalls war es stockduster, keine Musik mehr und alles voll öde.

Und da kam Jasmin auf die Idee mit den Gruselgeschichten.“

Er schüttelte sich. „Hätten wir das bloß gelassen. Wären wir bloß einfach nach Hause gegangen. Jetzt ist er … Ist er tot?“

Katharina hätte ihm gern etwas Aufmunterndes gesagt, aber das Positivste war noch, dass sie es nach wie vor nicht wussten. „Wir haben ihn noch nicht gefunden. Wenn er bei dem Einsturz nicht tödlich verletzt wurde, kann er die Nacht durchaus überleben, kalt ist es zum Glück nicht.“

„Aber … dieser Hund, diese grauenhafte Bestie ...“

„Nun hören Sie aber auf. Hier ist das Kriminalkommissariat, das 21. Jahrhundert hat längst begonnen, hier geht der Strom, die schöne neue LED-Lampe ist taghell, also vergessen Sie den Quatsch mit der Klosterbestie. Erzählen Sie lieber weiter.“

Jan sah unglücklich in seinen Becher. „Also wie gesagt, es war dunkel und Jasmin wollte ...“

*

„Heh, Leute, das ist doch die ideal gruselige Atmosphäre! Wie wäre es mit ein paar Gruselgeschichten? So wie früher im Ferienlager!“

Jan tastete sich vorsichtig bis zum Tisch vor. Man konnte die sprichwörtliche Hand vor Augen nicht sehen. „Feuerzeug? Philipp, hast du nicht immer eins in der Tasche? Mach mal an, ich hab hier zwei Kerzen gefunden.“

„Oh nee, echt jetzt, Jasmin?“ Philipp ließ die Flamme aus dem Feuerzeug springen und zündete den Docht an. „Gruselgeschichten? Kindischer geht’s wohl nicht mehr.“

Jan ließ Wachs auf die Tischplatte tropfen und drückte die Kerze hinein. „Warum nicht? Ich find’s cool.“

„Ich will eigentlich lieber nach Hause“, wandte Christin ein.

„Klar willst du nach Hause. Ist ja auch schon zwölf Uhr durch. Da müssen kleine Mädchen ins Bett. Geisterstunde, huuh! Himmel, bist du ein Angsthase.“

„Philipp, du bist so blöd! Ich hab morgen eine Prüfung und ja, ich habe Angst, im Dunkeln am Kloster vorbei nach Hause zu radeln!“

„Huuh, ja, da kommt der Hund von Ildenow und frisst dich und dann wirst du selbst ...“

„Nun lass Christin doch mal in Ruhe!“, fiel Jan Philipp ins Wort. „Das Klostergelände ist unbeleuchtet und ich würde als Frau da auch nicht gern allein im Dunkeln lang radeln. Also halt den Mund und iss lieber deine Himbeeren auf, damit das Zeug hier verschwindet. Dass du die ständig essen kannst, die sind doch echt madig dies Jahr.“

„Was ist denn nun, krieg ich nun meine Gruselgeschichte? Och bitte!“

„Hast du schon jemals was nicht gekriegt, was du wolltest?“, ätzte Philipp nun gegen Jasmin. Die streckte ihm aber nur die Zunge heraus und klaute ihm eine Himbeere.

„Also passt auf.“ Jan hatte die zweite Kerze an der ersten angezündet und klebte diese ebenfalls mit Wachs am Tisch fest. „Es gibt jetzt eine Gruselgeschichte und dann geht’s nach Hause. Ich habe diese Prüfung nämlich auch. Und da wir schon bei Kloster Ildenow sind – kennt jemand die Geschichte zur Klosterbestie? Warum die da herumlaufen soll? Ich nämlich nicht.“

*

„Na ja, und dann hat Christin die Geschichte erzählt. Ausgerechnet Christin kannte die. Die hat sich beim Erzählen schon vor ihrer eigenen Geschichte gegruselt.“

„Die Geschichte von dem Hund von Ildenow? Der den Klosterschatz bewacht und alle auffrisst, die nach dem Gold suchen?“ Katharina schenkte sich noch einen Kaffee ein und schüttelte die Thermoskanne. Für dieses Gespräch würde der Inhalt wohl nicht reichen.

Jan schüttelte den Kopf. „Nee. Nicht auffrisst. Der Schatzsucher muss den Platz des Hundes einnehmen und an seiner Stelle über den Schatz wachen. Bis der nächste Schatzsucher kommt. So hat Christin es erzählt. Den Schatz haben die Nonnen damals versteckt, als das Kloster während der Reformation oder so geplündert wurde. Und die Äbtissin bewacht den Schatz. Als Hund. Oder so. Ist eigentlich eine spannende Gesch...“

„Ja, mag sein, und ein andermal höre ich mir die auch gern ausführlicher an, aber jetzt inte­ressiert mich eher die Realität und Gegenwart.

Bitte sagen Sie mir, dass ich mich irre, Sie sind nicht etwa auf die hirnverbrannte Idee gekommen, in der Ruine nach dem Schatz zu suchen?“

„Na ja, irgendwie schon ...“

„Wie bescheuert muss man sein, um so was zu unternehmen? Was haben Sie sich dabei gedacht, mitten in der Nacht bei der Ruine herumzuschleichen? Glauben Sie, die ist nur abgesperrt, weil die Gemeinde Musing-Dotenow nicht weiß, wohin mit dem vielen schönen rotweißen Plastikband?“

Jan wurde ganz klein auf seinem Stuhl. „Ich wollte eigentlich nur Christin nach Hause bringen …“

*

Foto Grabplatte in der Klosterruine Eldena
Neben den Äbten und Prioren wurden auch Adlige und Herzöge im Kloster beigesetzt. Die Grabplatten in den Mauern der Ruine stammen ursprünglich aus dem Kreuzgang. Abgebildet ist die Grabplatte von Abt Johannes, der 1473 starb.
Grabplatten gibt es also tatsächlich an den Mauern des Klosters, aber vermutlich ohne Geheimgang dahinter …

„Ihr seid doch total bescheuert! Da mach ich nicht mit!“ Christin starrte auf die Mauer, die sich vor ihnen schwarz vor dem Nachthimmel erhob. Während links ein weiteres Mauerstück im rechten Winkel anschloss, fiel die rechte Seite schräg und ausgefranst ab. Das Dach fehlte, auch hinter der Mauer stand nichts mehr, das wusste sie. Die Mauer selbst stand wohl nur noch, weil sie extrem dick war. Die leere Öffnung eines spitzen, dreigeteilten Fensters gähnte über ihren Köpfen. Unten in der Mauer war ein helleres Rechteck zu erahnen.

Jan schüttelte den Kopf. „Das ist Wahnsinn. Abgesehen davon, dass ihr doch keine Ahnung habt, wo man den Schatz suchen sollte – es hat doch Gründe, dass die Ruine abgesperrt ist! Da ist vor zwei Wochen erst was runtergekommen, der Rest kann auch jeden Moment einstürzen!“

„Oh Mann, ihr nervt. Dann geht doch nach Hause – wir suchen jetzt das Gold!“ Philipp ließ den Strahl seiner Taschenlampe an der Mauer entlanggleiten.

Jasmin fiel ihm in den Arm. „Da, da! Warte mal, da ist eine Grabplatte!“

„Fängst du jetzt auch mit dem Geisterkram an?“

„Quatsch! Aber der Eingang zum Geheimgang, wo der Schatz liegt, soll doch hinter einer Grabplatte liegen!“

„Echt?“

„Ja – echt! Hat mir meine Großmutter erzählt. Als ich noch so war.“ Jasmin hielt die Hand auf Oberschenkelhöhe.

„Okay. Dann wollen wir mal sehen.“ Philipp trat an die Grabplatte, die in die Wand eingelassen war, heran. „Halt mal die Lampe, Jasmin! Oder traut sich einer von euch wenigstens das?“

Christin verschränkte nur die Arme vor der Brust. Jan verdrehte die Augen, kam aber herbei und hielt die Lampe, während Jasmin und Philipp die Steinplatte abtasteten, hier drückten, da zogen und sich schließlich mit vereinten Kräften dagegenstemmten. Nichts tat sich, die Grabplatte blieb ungerührt dort in der Mauer stehen, wo sie seit nunmehr siebenhundert Jahren zu stehen schien, der Aufschrift nach zu urteilen.

„Das wird wohl nichts. Entweder wir finden noch einen anderen Zugang oder wir müssen doch nach Hause ins Bett.“ Keuchend ließ Jasmin sich an der Wand nach unten rutschen, bis sie auf dem Boden saß. „Mist. Was machen wir jetzt?“

Sie ließ den Kopf nach hinten an die Wand sinken, um Philipp ansehen zu können. Dabei ging sie etwas zu forsch vor – ihr Kopf prallte gegen die steinerne Wand.

Jasmin quiekte: „Das gibt eine Beule!“, die Steinplatte fiel um, krachte nach hinten ins Dunkel, zerbarst und die Bruchstücke polterten davon. Das Poltern verklang allmählich.

Sprachlos standen alle vier vor einer schwarzen Öffnung.

Wo vorher die Grabplatte gewesen war, gähnte ein Loch, das in die dicke Mauer zu führen schien.

Jasmin vergaß ihre Kopfschmerzen, selbst Christin kam näher.

Philipp fasste sich als Erster, trat an die Öffnung und leuchtete hinein. „Eine Treppe. Hier geht’s in einen Gang runter.“

„Wow, das gibt’s nicht!“ Jasmin drängte sich neben Philipp und spähte in den Gang hinein. „Ich hab doch nie damit gerechnet, dass wir tatsächlich was finden!“

„Weil ihr alles solche Kleingeister seid! Man muss groß denken, wenn man was Großes erreichen will!“ Philipp stieg die ersten Stufen hinab ins Dunkle.

„Bist du … Du willst doch nicht etwa da runter?“ Christin war entsetzt wieder zu ihrem Fahrrad zurückgewichen.

„Christin, sei doch nicht so eine Mimose!“ Jasmin drehte sich um. „Das ist die Chance, mal ein echtes Abenteuer zu erleben! Das kriegen wir nie wieder im Leben!“

„Ganz recht“, erklärte Jan, „weil ihr dieses nämlich nicht überlebt, wenn die Ruine einstürzt.“

„Was bist du für ein erbärmlicher Feigling! Dass Christin nie bei was mitmacht, kennen wir ja schon, aber du? Komm, Philipp, dann machen wir das jetzt allein!“ Jasmin fasste Philipp am Ärmel.

Jan stieß entnervt die Luft aus. „In Ordnung. Wir gehen da ein Stück weit rein. Aber sobald irgend­was komisch ist, verschwinden wir wieder!“

*

„Und dann sind Sie also alle die Treppe in den Gang hinuntergestiegen?“ Katharina verkniff sich weitere Kommentare zu dem leichtsinnigen Unternehmen.

„Na ja, nicht alle, Christin ist oben geblieben. Sie wollte nach Hause radeln.“ Jan nahm einen Schluck Kaffee.

„Zu Ihrer aller Glück hat sie das aber nicht getan, sondern gewartet. Sonst säßen Sie jetzt nicht in meinem Büro, sondern immer noch da unten!“

Jan sah auf. „Also hat Christin Hilfe geholt?“

„Ja sicher, was dachten Sie denn? Wenigstens eine, die ihren Kopf gelegentlich zum Denken be­nutzt. Aber weiter im Text. Sie sind also da runtermarschiert. Und haben da einen Riesengoldschatz entdeckt.“

„Nein. Natürlich nicht.“ Jan schwieg.

„Sondern?“

Jan holte Luft. „Da war … dieser ...“

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