• Wiebke Salzmann

  • Text-Wirkerei

  • Wirken an Texten – Wirken von Texten

Die Krimikarte „Doppelt hält besser“

Vera sah der Freundin nach, deren Lachen leicht überspannt klang. Dann lächelte sie selbst, öffnete in aller Ruhe die Weinflasche und füllte das Glas an Ingas Stammplatz. In ihr eigenes goss sie Wasser. Einladung zum Pilzessen – für wie blöd hielt diese halbadlige Landpomeranze sie eigentlich? Was die konnte, konnte sie schon lange. Und dann würde Jürgen ihr allein gehören.

Das Cover zum Krimi 'Doppelt hält besser'

Rachsüchtige Frauen und zwei geplante Giftmorde, die anders ausgehen, als vorgesehen

Krimikarte „Doppelt hält besser“ um zwei rachsüchtige Frauen vor der zauberhaften Kulisse der Bäderarchitektur

Klappkarte (6-seitig) im DL-Format mit Heft (40 Seiten) im DIN-A6-Format
6 € inkl. MwSt zzgl. Versandgebühr

Erhältlich im Shop

Die Krimis spielen an fiktiven Orten an der Ostseeküste Mecklenburg-Vorpommerns. Die berühmte Bäderarchitektur gibt es jedoch nicht nur im fiktiven Doodewisch, sondern vor allem in vielen realen Seebädern, u. a. auf Rügen oder Usedom, die einen Besuch lohnen.

Bäderarchitektur der Ostseeküste
Foto: Seebrücke Sellin
Die Seebrücke von Sellin auf Rügen

Bäderarchitektur der Ostseeküste

Bäderarchitektur ist nicht ein einziger Baustil, sondern umfasst mehrere, für die Seebäder charakteristische Baustile: Gründerzeit, Klassizismus, Historismus bis zum Jugendstil. In Deutsch­land findet man die Bäderarchitektur vor allem an der Ostseeküste und insbesondere in Mecklenburg-Vorpommern. Die ersten Bauten im Bäderstil entstanden 1793 in Heiligendamm, dem ältesten Seebad in Kontinentaleuropa. Bäderarchitektur entstand über mehr als 100 Jahre, bis 1918 – wodurch sich die Vielzahl der eingeflossenen Stile erklärt.

Die Fotos zeigen einige typische Merkmale: mehrgeschossige Bauten mit reich geschnitzten Balkonen und Veranden, auch vorspringende Fassadenteile und Halbsäulen längs der Fenster sind häufig. Baumaterial ist vielfach Holz. Die Fassaden zeigen viel Weiß, wobei einige Elemente häufig einen farbigen Kontrast bilden.

Foto: Beispiel für Bäderarchitektur
Dieses Gebäude zeigt sehr schön die verspielten Balkons, die man in der Bäderarchitektur häufig findet.

Schöne Beispiele für die Bäderarchitektur befinden sich z. B. auf Usedom in den Kaiserbädern Bansin, Heringsdorf, Ahlbeck und Zinnowitz; oder auf Rügen in Sassnitz, Sellin, Binz und Göhren.

Die Seebrücke in Sellin (Titelfoto) wurde 1998 eröffnet. Der Wiederaufbau orientierte sich an den Vorgängern von 1906 und 1925, die Opfer von Feuer und Eisgang, aber auch Vernachlässigung geworden waren. Der noch in den 1950er-1970er Jahren als Tanzlokal genutzte Brückenkopf musste 1978 abgerissen werden.
Heute ist die mit 394 m längste Seebrücke auf Rügen mit Restaurants und Geschäften im Brückenhaus und einem Schiffsanleger für z. B. Fahrten entlang der Kreideküste ein beliebter Touristenmagnet.

Foto: Alexandrinen-Cottage in Heiligendamm
Das Alexandrinen-Cottage in Heiligendamm

Das älteste Seebad Deutschlands entstand zwischen 1793 und 1870 in Heiligendamm. Der Mathematiker und Physiker Georg Christoph Lichtenberg hatte 1793 einen Artikel über den Nutzen des Badens in Meerwasser verfasst und darin die Frage aufgeworfen, warum Deutschland noch kein Seebad habe. Der Leibarzt des Herzogs Franz Friedrich I. von Mecklenburg-Schwerin las dies und stellte sich dieselbe Frage, denn er schlug dem Herzog vor, am „Heiligen Damm“ ein Seebad zu errichten. Die ers­te Badesaison eröffnete der Herzog 1794.

Im Osten von Heiligendamm liegt im Wald direkt über der Steilküste das Alexandrinen-Cottage (linke Seite), erbaut 1839/40 von Großherzog Paul Friedrich von Mecklenburg-Schwerin für seine Frau. Es ist nicht restauriert und steht leer. Zusammen mit der dunklen Betonverstärkung der Steilküste gegen Sturmfluten wirkt es leicht düster – aber mit etwas Fantasie kann man sich zu­rück­denken in die Zeit, in der es der Großherzogin Alexandrine von Preußen als Witwensitz diente.

Leseprobe aus dem Krimi „Doppelt hält besser“ “

Leseprobe aus dem Krimi „Doppelt hält besser“

Doppelt hält besser'
Das Heft-Cover des Krimis „Doppelt hält besser“
Das abgebildete Gebäude dient jedoch lediglich der Illustration und hat mit der Krimihandlung nichts zu tun.

Heute

Die Tür öffnete sich und ein dunkelhaariger Mann in den Dreißigern erschien. Angesichts seiner Model-Figur im Designer-Anzug wurde Katharina sich ihres schlabbrigen Sweatshirts und der ausgeleierten Jeans bewusst. Der Anruf hatte sie noch vor dem Wecker aus dem Bett geholt und sie war nur rasch in die erstbesten Klamotten geschlüpft. Na gut, das hätte sie auch getan, wenn keine Leiche gefunden worden wäre. Immerhin hatte dieser Model-Typ mit dem Gesicht wie für eine Luxus-Auto-Werbung extrem große Füße, war also auch nicht völlig perfekt.

„Guten Tag, Kriminalpolizei, Hauptkommissarin Katharina Lütten“, stellte sie sich vor. „Sie sind Jürgen Preller? Kann ich Sie kurz sprechen?“

Der Model-Typ erblasste. Warum wurden die Leute bloß immer schon nervös, wenn sie „Kriminalpolizei“ hörten?

„Kennen Sie eine Sarah Röver?“

„Sarah?“ Er räusperte sich. Seine Augen irrten hin und her. „Ja, Sarah kenne ich. Wir sind verlobt. Was ist mit ihr?“

Katharina schloss einen Moment die Augen. Beim Durchsehen der Fotos und der Anrufliste auf dem Smartphone der Toten hatte sie schon befürchtet, dass Preller und die Tote einander nahe gestanden hatten. Jetzt musste sie ihm also mitteilen, dass seine Verlobte heute morgen tot aufgefunden worden war. Wie formulierte man so etwas eigentlich in normalem Deutsch?

War Herr Preller vorher schon blass gewesen, wurde er bleich, als er von dem Tod seiner Verlobten hörte. Er sagte sekundenlang gar nichts und machte auf Katharina den Eindruck, als wäre er ohne den Türrahmen umgefallen.

„Lassen Sie uns vielleicht erst einmal hineingehen, Sie sollten sich setzen.“

Preller reagierte nicht, starrte sie nur weiter an. „Wo? Wie? Wieso?“, brachte er schließlich heraus.

„In der Villa Seestern, Seepromenade 2. Die Villa gehört einer gewissen Inga von Finckenberg. Kennen Sie sie? Wissen Sie, was Ihre Verlobte dort wollte?“

Bei der Adresse zuckte Preller zurück und starrte die Kommissarin an. Er brauchte drei Anläufe, um schließlich herauszubringen: „Seepromenade? Nein, dort kenne ich niemanden. Ich wusste auch nicht, dass Sarah dort Bekannte hatte. Keine Ahnung ... keine Ahnung, was sie da wollte. Wie? Wie ist sie denn getötet ... ums Leben gekommen? Und was ist mit dieser Inga von Finckenberg?“

„Wir wissen noch nicht, wie Ihre Verlobte ums Leben gekommen ist.“

Und Inga von Finckenberg hatten sie noch nicht gefunden, aber das würde sie Herrn Preller noch nicht erzählen. Seine Reaktion hatte deutlich gezeigt, dass er Frau Finckenberg sehr wohl kannte, und Katharina wollte erst wissen, warum er sie belog.

Die Nachbarin aus der Seepromenade 3 hatte die Leiche durch die Terrassentür gesehen, als sie Frau Finckenberg mitge­brachte Einkäufe auf die Terrasse stellen wollte.

Nachdem sie mit Herrn Preller die Identifizierung hinter sich gebracht hatte, ließ Katharina sich auf ihrem Schreibtischstuhl nieder, schleuderte die ausgelatschten Stiefel von den Füßen, hievte ihre in Wollsocken steckenden Füße auf den Tisch, klaubte die Papiertüte mit dem Rest Streuselschnecke aus der Jackentasche, ließ die Jacke neben sich auf den Boden fallen und dachte nach. Preller hatte sich dann doch ganz gut gehalten, als er seine Verlobte im Leichenschauhaus identifizieren musste. Er wollte sich auch nicht nach Hause bringen lassen, aber Katharina hatte darauf bestanden.

Oberkommissar Pannicke kam herein, in Rollkragenpullover, Strickjacke und Schal gehüllt, die *asch­blonden Haare wie immer akkurat gescheitelt. Katharina musste unwillkürlich überlegen, ob sie heute morgen daran gedacht hatte, ihrer roten Mähne einen Kamm wenigstens zu zeigen.

„Sagen Sie, Frau Kollegin, ist die Heizung schon wieder ausgefallen? Hier sind doch höchstens siebzehn Grad!“

„Zwanzig. Geht alles einwandfrei. Ist Frau von Finckenberg schon gefunden?“ Katharina wisch­te sich die Streuselschneckenkrümel vom Sweatshirt, nachdem sie den letzten Bissen geschluckt hatte, und öffnete die unterste Schreibtischschublade auf der Suche nach weiterem Essbaren. Der frühe *Dienstbeginn wegen der Leiche hatte sie um ihr Frühstück gebracht. „Heut ist mein Glückstag! Chips! Wollen sie auch welche?“

Pannicke fuhr zurück. „Chips? Ist Ihnen bewusst, wie viel Fett darin enthalten ist? Ganz zu schweigen von Konservierungsstoffen ...“

Katharina übertönte den Rest mit Tütengeknister. „Die Finckenberg?“

„Nein, die Dame konnten wir noch nicht ausfindig machen. Die von ihr bewohnte Villa an der Seepromenade scheint derzeit unbewohnt. Keiner der Nachbarn hat sie in den letzten drei Tagen gesehen und niemand weiß, wo sie sich aufhalten könnte. Die Nachbarin, die die Leiche gefunden hat, verfügte ebenfalls über keine weiteren Informationen. Die Seepromenade ist wirklich eine sehr ansprechende Wohngegend. Ich war gelegentlich dort, um die Bäderarchitektur fotografisch festzuhalten. Sehr ansprechend, in der Tat. Durchaus auch die Villa der Frau von Finckenberg. Durchaus ansprechend.“

„Aber definitiv für keinen von uns bezahlbar“, stellte Katharina fest. „Wenn die von Finckenberg dort eine Villa hat, muss sie ziemlich wohlhabend sein.“

„Auch die Villa ist im Stil der Bäderarchitektur errichtet. Ich bin ja doch der Ansicht, dass es recht kalt hier ist.“ Pannicke knöpfte die Jacke zu und zog den Schal fester.

„Drei Tage wurde die Finckenberg nicht mehr gesehen? Hm. Ich habe meine Nachbarn früher auch manchmal drei Tage nicht gesehen, als ich noch in der Barkenstraße gewohnt habe. Aber dennoch – so lange soll die Tote etwa in der Villa gelegen haben. Sagt Jack the Rüpper. Also seit dem 30. September. Aber genau will Frau Rüppke sich natürlich noch nicht festlegen.“

„Ich finde diesen Spitznamen für eine Doktorin der Rechtsmedizin nicht sonderlich angemessen, aber das sagte ich wohl bereits. Konnten Sie beim Verlobten der Toten etwas in Erfahrung bringen?“ Katharina vertilgte erst noch mit gerunzelter Stirn eine Handvoll Chips. „Sie erwähnten es hin und wieder. Aber bestimmt nicht öfter als dreimal täglich. Ich denke, als Mordverdächtigen können wir Preller ausschließen, der war total erschüttert. Ich hab zeitweise gedacht, er kippt mir um. Schon als er hörte, dass die Polizei vor der Tür steht, wurde er reichlich nervös. Er hat ja auch die ganzen drei Tage vergeblich hinter Sarah Röver her telefoniert.“ Katharina wies mit einem Chip auf das Handy der Toten. „Aber da stimmt trotzdem was nicht. Er hat behauptet, Inga von Finckenberg nicht zu kennen. Hat aber total erschrocken auf den Namen reagiert. Außerdem schien er gleich davon auszugehen, dass Sarah ermordet wurde. Na, mal abwarten, was die von Finckenberg erzählt, wenn wir sie gefunden haben.“

Drei Tage zuvor

„Was sagst du dazu?“ Jürgen wedelte mit einem Blatt vor Sarahs Nase herum. „Die Alte hat wirklich ihr Testament geändert! Liebe scheint nicht nur blind, sondern auch blöd zu machen!“

Sarah strich ihre blonde Mähne zurück und las sich das Testament durch. Jürgen holte derweil den Sekt vom Balkon herein und ließ den Korken knallen. Er füllte zwei Gläser, lümmelte sich dann neben Sarah auf das Sofa und knabberte an ihrem Ohrläppchen. „Was glaubst du, wie gut die erst schmecken, wenn ein paar Brillantohrringe daran baumeln ...“

„Die Villa in der Seepromenade. Auf die war ich schon als kleines Mädchen scharf! Und von dem Geld von der Penzlin ...“

„... trinken wir Champagner. Aber in der Karibik. Prost!“ Sie stießen an und schlürften den Sekt.

„Aber ein Problem haben wir noch. An die Villa kommen wir erst, wenn die Finckenberg tot ist.“ Jürgen drehte mit bedeutungsvollem Blick eine von Sarahs Locken. Die ließ das Sektglas sinken.

„Nee – hier und da einen Einbruch, okay. Urkundenfälschung, Heiratsschwindel – von mir aus. Aber Mord? Das geht mir ein bisschen zu weit.“

„Willst du die Villa oder willst du sie? Was ist denn schon dabei? Du brichst eben noch einmal mehr ein, wirst von der unglücklichen Hausbesitzerin erwischt und erschießt sie!“

Sarahs Gesicht spiegelte den Kampf zwischen der Gier nach der Villa und dem letzten Rest Skrupel wider.

Die Villa siegte.

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© Wiebke Salzmann